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Fahrgemeinschaften: Vorteile, Organisation und Regeln

Das Auto ist für Millionen von Berufspendler täglich das Beförderungsmittel erster Wahl. Laut Erhebungen des Statistischen Bundesamts nutzen rund 65 Prozent der Pendler für ihren täglichen Weg zur Arbeit den eigenen Pkw.

Auto fahren gilt für viele Menschen als bequem, doch jeden Tag zu pendeln, hat auch Nachteile: Stau im Berufsverkehr, Stress, weniger Flexibilität, Parkplatzsuche und vor allem hohe Kosten. Eine Möglichkeit, unter besseren Bedingungen mit dem Auto zu pendeln, ist das Gründen einer Fahrgemeinschaft.

Dabei gibt es aber einige Punkte zu beachten? Wie funktioniert die Fahrgemeinschaft in der Praxis? Wie lassen sich die anteiligen Fahrtkosten berechnen? Und worauf muss sonst noch mit geachtet werden?

Was ist eine Fahrgemeinschaft?

Bei einer Fahrgemeinschaft schließen sich mehrere Personen oder Pendler zusammen, die regelmäßig eine Autostrecke zurücklegen. Dabei handelt es sich meistens um den Weg zur Arbeit. Die Mitglieder einer Fahrgemeinschaft teilen dabei die Fahrtkosten untereinander auf oder wechseln sich mit dem Fahren ab. Die Begriffe Fahrgemeinschaft und Mitfahrgelegenheit werden im Volksmund häufig synonym verwendet, bedeuten jedoch nicht dasselbe. Während Fahrgemeinschaften dem regelmäßigen, mittel- bis langfristigen Zusammenschluss dienen, handelt es sich bei Mitfahrgelegenheiten eher um einmalige Mitfahrten.

Schon gewusst? In Kanada und den USA gibt es auf Autobahnen eine sogenannte. „high-occupancy vehicle lane“ (deutsch: Fahrbahn für stark belegte Fahrzeuge) – kurz HOV. Diese Spur dürfen ausschließlich Fahrgemeinschaften befahren, also Autos mit mindestens einem weiteren Mitfahrenden. Ziel ist es, dadurch die Bildung von Fahrgemeinschaften zu fördern. Zwar gibt es in Deutschland keine solchen Fahrspuren, allerdings werden Fahrgemeinschaften auch hierzulande immer beliebter.

Vorteile einer Fahrgemeinschaft

Bei den Vorteilen von Fahrgemeinschaften steht an erster Stelle die Kostenersparnis. Für den Arbeitsweg werden häufig beachtliche Distanzen zurückgelegt. Dies bleibt nicht ohne finanzielle Folgen. Bei Fahrgemeinschaften werden die Kosten auf mehrere Personen umgelegt.

Neben Kosten sparen Fahrgemeinschaften auch Ressourcen und tragen so positiv zum Umwelt- und Klimaschutz bei. Daher haben sie auch aus ökologischer Sicht viele Vorzüge: Sie sind ressourcenschonend und verringern den CO2-Ausstoß. Insbesondere in Großstädten tragen weniger Autos auf den Straßen zu einer besseren Lebensqualität bei.

Das Pendeln zwischen der Wohnstätte und der Arbeit birgt besonders im Berufsverkehr die Gefahr, nervenaufreibend zu sein. Unterhaltungen zwischen den Mitfahrern wirken dagegen und reduzieren den Stress. Wechseln sich zudem Mitglieder einer Fahrgemeinschaft mit dem Bereitstellen eines Autos ab, sitzt immer eine andere Person am Steuer. So verteilt sich auch die Verantwortung, permanent und konzentriert den Verkehr im Blick zu behalten.

Nachteile einer Fahrgemeinschaft

Fahrgemeinschaften können auch Nachteile haben und diese sind leider nicht selten unerheblich. Es besteht zwangsläufig zwischen den einzelnen Personen einer Fahrgemeinschaft eine zeitliche und finanzielle Abhängigkeit. Sowohl die fahrende Person als auch mitfahrende Menschen haben Verpflichtungen. Die Person am Lenkrad rechnet mit einer finanziellen Beteiligung, die Mitfahrenden mit einer zuverlässigen Abfahrt. Alle Beteiligten einer Pendlergruppe sind daher weniger flexibel, unabhängig davon, ob sie das eigene Auto fahren oder nur mitfahren. Der Arbeitsalltag richtet sich an den Vereinbarungen der Fahrgemeinschaft aus, beispielsweise an den festen Abfahrtszeiten.

Sechs Schritte zu einer organisierten Pendlergruppe

Die Gründung einer Fahrgemeinschaft bedarf etwas Organisation. Hierfür sind wichtige Schritte zu gehen, um eine im Alltag funktionierende Gruppe zu bilden.

1. Mitfahrer finden: Es ist wichtig, eine Gruppe von Menschen zusammenzubringen, die an einer Fahrgemeinschaft interessiert sind. Dies können Kollegen, Nachbarn oder Freunde sein.

2. Treffpunkt bestimmen: Der Ort sollte für alle Mitfahrenden gut erreichbar sein, entweder zu Fuß oder auch als Teilstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein Treffpunkt nahe einer Bahnstation oder Park & Ride-Parkplätze eignen sich bestens. Falls ein Fahrer doch einmal kurzfristig ausfällt, haben die Mitfahrenden eine direkte Alternative für den Weg zur Arbeit.

3. Abfahrtszeiten festlegen: Eventuelle Einschränkungen wie feste Arbeitszeiten, Berufsverkehr oder die Fahrtzeit allgemein sind hier zu berücksichtigen. Es ist sinnvoll, die Fahrzeit und damit den Abfahrtszeitpunkt nicht zu knapp zu bemessen, sondern besser einen zeitlichen Puffer einzuplanen.

4. Fahrgemeinschaft-Liste erstellen: Damit alle beteiligten Personen gut planen können, empfiehlt sich eine Liste der Mitfahrenden und der Fahrzeuge. So weiß jedes Mitglied der Pendlergruppe, wer wann fährt. Dies kann in Form eines Dokuments oder in einer App erfolgen.

5. Regeln für die Fahrt festlegen: Die Pendlergemeinschaft legt gemeinsam fest, welche Regeln während der Fahrt gelten. Dazu zählen Aspekte wie das Rauchen, das Mitnehmen von Haustieren oder das Abspielen von Musik.

6. Kosten aufteilen: Die Mitglieder einer Fahrgemeinschaft teilen sich die Kosten für Benzin, Versicherung und eventuelle Reparaturen. Denn die geteilten Kosten sind ein Hauptgrund dafür, gemeinsam zu pendeln. Vorab ist genau zu definieren, welche Aufwendungen zu welchen Anteilen miteinander geteilt werden, damit später keine Diskussionen daraus entstehen. Hilfreiche Apps für das Smartphone wie die PendlerApp von KINTO berechnen diese Kosten automatisch und senden sie an alle Mitfahrenden.

Kollegen für eine Fahrgemeinschaft finden

Es gibt mehrere Möglichkeiten, Mitfahrende für eine Pendlergruppe zu finden. Zunächst ist eine Umfrage in der Firma eine Option, um herauszufinden, ob es bereits Fahrgemeinschaften gibt. Im Gespräch mit Kollegen entsteht vielleicht sogar die Idee dafür, falls bisher niemand gemeinsam zur Arbeit gefahren ist. Wer kommt aus der gleichen Wohngegend? Besteht Interesse an einer Fahrgemeinschaft? Diese Fragen lassen sich auch über einen Aushang im Büro oder am Schwarzen Brett verbreiten.

Zudem bieten sich Abfragen in sozialen Netzwerken oder über Online-Plattformen an, um Fahrgemeinschaften zu organisieren. Das Konzept der Shared Mobility findet bei immer mehr Menschen einen Anklang, sodass sie diese Vorteile einer Sharing-Community aktiv nutzen. Möglicherweise existieren passende Vermittlungsportale im Intranet des Arbeitgebers, was häufig bei großen Unternehmen oder Konzernen der Fall ist.

Digitale Möglichkeiten zum Organisieren einer Mitfahrgruppe

Im Internet finden sich bereits zahlreiche Online-Portale wie Fahrgemeinschaft.de oder Apps, um eine Pendlergemeinschaft zu bilden. Über solche Apps lassen sich gemeinsame Fahrten organisieren und eine Mitfahrt bestätigen. Außerdem errechnen die Apps automatisch die anteiligen Kosten für jede mitfahrende Person. Über interaktive Standort-Funktionen ist auch die Planung von Treffpunkten und Fahrtzielen sehr einfach umzusetzen.

So können Arbeitgeber das Pendeln fördern

Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden für immer mehr Unternehmen wichtiger. Das ist zum einen für das Image, aber auch für die Zufriedenheit der Angestellten förderlich. Da Fahrgemeinschaften maßgeblich zum Umweltschutz beitragen, macht es Sinn, dass Arbeitgeber die Bildung von Fahrgemeinschaften fördern und erleichtern. Dazu bieten sich folgende Möglichkeiten an:

·       Firmen stellen die passenden digitale Lösungen, entweder als App oder über ein Vermittlungsportal im eigenen Intranet. Das erleichtert die Suche nach Mitfahrenden unter den Kollegen.

·       Insofern es die Parkfläche hergibt, können Parkplätze für Pendlerfahrzeuge eingerichtet werden. Das lohnt sich vor allem angesichts des häufigen Parkplatzmangels, insbesondere in Großstädten. Ein solches Angebot erhöht den Anreiz, eine Fahrgemeinschaft zu gründen.

·       Arbeitgeber besitzen die Option, Infomaterial über Vorteile von Mitfahrgemeinschaften bereitzustellen und aufzuklären. So lassen sich Angestellte für das Thema sensibilisieren.

·       Flexible Arbeitszeiten erhöhen die Attraktivität von Fahrgemeinschaften. Je flexibler die Arbeitszeiten ausfallen, desto leichter ist es für Kollegen, eine gemeinsame Fahrt zur Arbeit zu organisieren.

Wie viel Cent kostet ein Kilometer mit dem Auto?

Hinsichtlich der Kosten ist eine pauschale Antwort zur Höhe nicht möglich. Die Aufwendungen für ein Auto und die Kosten einer Fahrt hängen von verschiedenen Faktoren ab. Der Preis für einen gefahrenen Kilometer mit dem Pkw lässt sich daher nicht so einfach berechnen. Zu den Faktoren, die sich auf die Höhe der Kosten auswirken, gehören unter anderem der Kraftstoffverbrauch, die Reparatur- und Wartungskosten, der Aufwand für Versicherungen und Steuern sowie möglicherweise auch Mautgebühren oder Parkkosten. Um die Kosten einer Fahrgemeinschaft pro Kilometer genau zu berechnen, müssten diese und weitere Faktoren berücksichtigt werden. Mit einem Fahrzeugkosten-Rechner ist es aber möglich, die geschätzten Kosten einer Mitfahrgruppe zu ermitteln.

Fahrtkosten für eine Fahrgemeinschaft berechnen

Um die Fahrtkosten einer Fahrgemeinschaft zu berechnen, kann ein Pauschalbetrag pro Kilometer genutzt werden. Dieser orientiert sich an den vom Finanzamt anerkannten Werbungskosten-Pauschbeträgen. Diese Pauschbeträge berücksichtigen sowohl die Kosten für den Kraftstoff als auch den Verschleiß des Fahrzeugs.

Reparaturen und Unfallschäden mindern den Wert eines Wagens. Obwohl die Vollkasko-Versicherung die Kosten für notwendige Reparaturen übernimmt, lässt sich die entstandene Wertminderung kaum ausgleichen. Daher gibt es GAP-Versicherungen. Sie gleichen die Differenz zwischen dem kalkulierten Restwert und dem Restwert bei Vertragsende aus. Das ist insbesondere hilfreich, wenn der ermittelte Restwert durch einen Unfall deutlich niedriger ausfällt.

Rechenbeispiele

  • Rechenbeispiel Pauschalbetrag:

    ·       Entfernung insgesamt: 50 Kilometer

    ·       Spritpreis/Liter: 1,80 Euro

    ·       Benzinverbrauch: 7 Liter auf 100 Kilometer

    ·       Anzahl der Beteiligten: 3

    ·       Pauschalbetrag Verschleiß (inklusive Werteverlust, Versicherung, Steuer, Reparaturkosten): 0,15 Euro pro Kilometer

     

    ·       Spritkosten: 1,80 Euro x 3,5 Liter = 6,30 Euro

    ·       laufende Kosten: 0,15 Euro x 50 Kilometer = 7,50 Euro

    ·       Gesamtkosten: 6,30 Euro + 7,50 Euro = 13,80 Euro

    ·       13,80 Euro durch drei Beteiligte = 3,45 Euro pro Person pro Arbeitstag

    Eine andere Variante ist die Berechnung der tatsächlich angefallenen Kosten, etwa Kraftstoffkosten, Versicherungskosten und Wartungskosten. In diesem Fall müssen alle Belege aufbewahrt werden, um die Kosten nachweisen und später aufteilen zu können.

  • Rechenbeispiel tatsächliche Kosten

    ·       Fahrzeugwert: 20.000 Euro

    ·       Versicherungskosten/Jahr: 750 Euro

    ·       Wartungskosten/Jahr: 500 Euro

    ·       Benzinverbrauch: 7 Liter auf 100 Kilometer

    ·       Spritpreis/Liter: 1,80 Euro

    ·       Anzahl der Beteiligten: 3

    ·       Distanz pro Tag: 50 Kilometer

    ·       Arbeitstage pro Jahr: 230

    20.000 Euro durch 6 Jahre (lineare Abschreibung) + 750 Euro (Versicherung) + 500 Euro (Wartung) + 1.449 Euro (Spritkosten) = 6.032 Euro

    6.032 Euro durch 11.500 (gesamte Kilometer im Jahr) = 0,52 Euro/Kilometer durch 3 Beteiligte = 0,17 Euro/Kilometer pro Person

    0,17 Euro x 50 Kilometer = 8,50 Euro / Person pro Arbeitstag

    Für welche Berechnungsmethode die Entscheidung fällt, ist zweitrangig. Vielmehr ist es wichtig, dass die Berechnung von Anfang an und für alle Mitfahrenden verständlich kommuniziert und vereinbart wird.

Mitfahrgemeinschaft: Fahrtkosten steuerlich absetzen

Sowohl als Fahrer als auch als mitfahrende Person einer Fahrgemeinschaft ist es möglich, die Pendlerpauschale bei der Steuererklärung in der Anlage N geltend zu machen. Grundlage zur Berechnung ist jedoch trotz Fahrgemeinschaft immer der kürzeste Weg zur Arbeit. Umwege, um Mitfahrende einzusammeln, fließen nicht in die Berechnung ein. Die Pendlerpauschale liegt bis zum 20. Kilometer unverändert bei 0,30 Euro, ab dem 21. Kilometer erhöht sich die Pauschale auf 0,38 Euro.

Versicherungsfragen bei einer Pendlergemeinschaft

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit gesetzlich unfallversichert. Im Falle eines Autounfalls haftet außerdem immer die KFZ-Haftpflichtversicherung des Verursachers. Ist der Fahrer der Fahrgemeinschaft schuldig am Unfall, besteht für mitfahrende Personen die Option, einen Anspruch auf Schadenersatz geltend zu machen. Fahrer und Mitfahrende in einer Fahrgemeinschaft sind daher immer versichert. Wichtig ist: Das genutzte Auto muss über einen Versicherungsschutz verfügen. Dazu zählt unter anderem ein Kennzeichen mit gültiger Zulassungsplakette.

Durchschnittliche Pendler fahren pro Strecke 16,9 km. Zur Vereinfachung: 30 km hin und zurück. Herr Müller wohnt ganz in der Nähe von Frau Schmidt. Sie möchten zukünftig regelmäßig gemeinsam zur Arbeit fahren. Bei nur 120 gemeinsamen Hin- und Rückfahrten, also maximal 10 Fahrten im Monat, sparen sie jährlich 3.600 km Fahrtstrecke. Gemessen am durchschnittlichen CO2-Ausstoß aller Fahrzeuge, werden ca. 612 kg CO2 (3.600 km x 0,17 kg) eingespart. Außerdem spart die Fahrgemeinschaft Kraftstoffkosten in Höhe von 504€ (3.600 km x 0,14 €).

Wird zusätzlich angenommen, dass sich insgesamt 30 solcher regelmäßigen Fahrgemeinschaften bilden, sparen alle für sich und für das Unternehmen jährlich 3,1 Tonnen CO2 ein. Bei 100 Fahrgemeinschaften sind es schon 12,7 Tonnen CO2. Zusätzlich haben die Mitarbeiter insgesamt über 11.000 € und 75.000 km Fahrt eingespart.​